Ein Jahr Rot-Rot-Grün: Eine Zwischenbilanz
* Bein diesem Beschluss gab es erhebliche Änderungen, die in den vorliegenden Dokumenten nicht konkretisiert werden konnten.
Seit fast einem Jahr ist die Berliner Regierung im Amt. Diese erneute Regierungsbeteiligung der Partei DIE LINKE stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Dies zeigt vor allem die Affäre um Staatssekretär Andrej Holm, welchen SPD und Grüne aus Angst vor jemanden, der „den Hausbesetzern näher [steht] als vielen privaten Investoren“ (Czaja über Holm) aus der Regierung verbannt haben. Beinahe widerstandslos ließ man sich das gefallen und begrub somit den Willen vieler Wähler*innen.
Wir wollen ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine erste Zwischenbilanz ziehen:
Was hat die Senatspolitik positives gebracht:
- das Sozialticket wurde zum 1. Juli 2017 von 36 Euro auf 27,50 Euro abgesenkt (auch wenn die Forderung nach einem Ticket gemäß des Regelsatzes nicht umgesetzt wurde)
- Überführung des Dragoner Areals in Berliner Eigentum und erste stadtplanerische Beteiligung der lokalen Initiativen
Was ist fraglich:
- der Senat hat sich zwar mit den Initiator*innen des Fahrradvolksentscheides auf ein Radgesetz geeinigt, jedoch wird die Umsetzung davon weiterhin verzögert[1]
- der Senat will mehr in die Sanierung von Schulen investieren, jedoch werden dafür Schulgebäude in eine GmbH überführt, was eine spätere Privatisierung erleichtern könnte[2]
- bei der Volksbühne wurde zwar anfangs viel Verständnis für die Besetzer*innen gezeigt, jedoch am Ende mittels Einsatz der Polizei geräumt[3]
- in Kreuzberg wurde sich um die Rekommunalisierung des Neuen Kreuzberger Zentrums bemüht, das an einen privaten Investor verkauft werden sollte. Jedoch wurden an den Besitzer letztlich 56,5 Millionen Euro gezahlt, was weit mehr als der geschätzte Verkehrswert ist[4]
Was ist aus unserer Sicht abzulehnen:
- der Senat beteiligt sich weiterhin an der Abschiebung von Geflüchteten, zuletzt 150 Personen im August. Eine grundsätzliche Absage an Abschiebungen nach Afghanistan oder an Winterabschiebungen gibt es nicht[5]
- gegen Mieterhöhung und Wohnungsmangel wird nicht ausreichend etwas unternommen. Es fallen mehr Wohnungen aus der Sozialpreisbindung als günstige Wohnungen entstehen.[6]
- das Hausprojekt Friedel54 wurde durch die Polizei unter Gewaltanwendung geräumt. Im Falle der besetzten Teppichfabrik hatten die Besetzer*innen noch vor dem SEK-Einsatz das Haus verlassen
- Zustimmung zur Verkehrsinfrastrukturgesellschaft, die eine Privatisierung von Autobahnen möglich macht.[7]
- die Forderung der Grundschullehrer*innen nach gleicher Bezahlung wurden trotz anderer Versprechen nicht umgesetzt[8]
- sexistische Werbung findet sich weiterhin überall im Stadtbild
- die Krankenhaustochtergesellschaften CFM und VSG haben noch immer keinen Tarifvertrag erhalten, obwohl es im Koalitionsvertrag heißt: „Die Koalition setzt sich dafür ein, dass Landesunternehmen in Tarifverbünden geführt werden. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass auch für Landesunternehmen und ihre Tochterunternehmen, die bisher noch nicht tarifgebunden sind, zügig mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und der Angleichung an den TVöD Tarifverträge abgeschlossen werden.“ Mit mehreren Streiks müssen die KollegInnen weiterhin darauf aufmerksam machen. An der Charité wurde eine Lohnerhöhung in Aussicht gestellt jedoch ohne Tarifvertrag oder Angleichung an den Flächentarifvertrag[9]
- die Forderungen der studentischen Beschäftigten wurden trotz Zusagen nicht erfüllt. Sie sehen sich jetzt gezwungen den Tarifvertrag zu kündigen und streiken ab Januar für ihre Forderungen.
- das vereinbarte Nachtflugverbot am BER unterschreitet sowohl die Forderungen der LINKEN als auch die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag.[10]
Das ist bloß ein Teil von dem was in der Berliner Regierung nicht so läuft, wie es laufen sollte. Schon mit Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung setzte sich DIE LINKE über rote Haltelinien hinweg und änderte bis heute nichts daran. Die aufgezählten Punkte zeigen auf, dass eine Politik mit pro-kapitalistischen Parteien nicht unseren Interessen dienen kann. Wir brauchen dringend Verbesserungen im sozialen Bereich. Diese Forderungen lassen sich aber scheinbar nicht mit SPD und Grünen umsetzen. Wir haben noch keine Zustände wie in Brandenburg und Thüringen, wo DIE LINKE durch Stellenabbau im Rahmen von Gebietsreformen (die jetzt Stück für Stück wohl zurückgezogen werden) und andere Maßnahmen massiven Unmut auf sich zieht. Doch wenn sie in Berlin ihren Kurs nicht korrigiert, drohen ihr die gleichen Entwicklungen.
Darum sollte DIE LINKE zum nächstmöglichen für die Bevölkerung nachvollziehbaren Zeitpunkt die Koalition beenden und zu einer starken Oppositionsarbeit zurückkehren. DIE LINKE darf nicht zu einer Partei des Kapitals verkommen und muss sich gegen Unterdrückung der Arbeiter*innen einsetzen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren.
[1] https://volksentscheid-fahrrad.de/de/2017/10/13/senat-schiebt-mobilitaetsgesetz-erneutauf-radentscheid-fordert-klares-bekenntnis-von-allen-regierungsparteien-zuverabschiedung-und-umsetzung-des-radgesetzes-3991/
[2] https://www.gemeingut.org/berliner-schulprivatisierung-brief-an-die-abgeordneten-vonrot-rot-g
[3] http://www.tagesspiegel.de/berlin/volksbuehne-am-tag-der-raeumung-ende-einer-dauerperformance/20394474.html
[4] https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm1016/101618.htm
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/04/Gewobag-kauft-Neues-Kreuzberger-Zentrum.html
[5] http://www.tagesspiegel.de/berlin/umgang-mit-asylverfahren-berlin-schiebt-kaumab/20407788.html
[6] http://www.tagesspiegel.de/berlin/immobiliengesellschaft-deutsche-wohnen-erstaufwendig-sanieren-dann-die-miete-drastisch-erhoehen/20425802.html
https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-berlin-braucht-mehr-geld-fuerden-sozialen-wohnungsbau-28608958
[7] http://www.die-linkeberlin.de/politik/positionen/politik_fuer_berlin/haushaltsverfassung/bund_laender_finanzen_und_infrastrukturgesellschaft/
[8] https://www.gew-berlin.de/17881_18802.php und https://www.gewberlin.de/17881_19026.php https://www.gew-berlin.de/17881_19386.php
[9] https://www.verdi-cfm.com/app/download/11238051098/171016_Tarifinfo+16+ver.di-CFM+Bewegung+mit+Hindernissen.cleaned.pdf?t=1508169245
[10] http://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-volksentscheid-zum-txl-mitgesellschaftergegen-offenhaltung-tegels/20506704.html
DIE LINKE.BERLIN raus aus der Regierung
Beschluss der 31. Landesvollversammlung am 10. April 2022
Die linksjugend solid Berlin tritt dafür ein, dass sich DIE LINKE. Berlin sofort aus der Regierungskoalition mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen entzieht, insofern nicht folgende Dinge direkt in ihrer Umsetzung garantiert werden können:
- sofortige Umsetzung von Deutsche Wohnen und co. enteignen
- sofortiger Abschiebestopp in der rassistischen Migrationspolitik
- sofortiger Abbruch des Autobahnausbaus der A100
- sofortigen Stopp der Ausschreibungen für die Privatisierung der Berliner S-Bahn
- Einführung des kostenlosen ÖPNVs in Berlin