Für SOLI-Veranstaltungen wird ein dezidiertes Budget vom Landesverband für Landesarbeitskreise bereitgestellt. Dieses Budget beträgt bis zu 1000 Euro.
Diese Budget wird für die Planung und Umsetzung von größeren Veranstaltungen mit Vorkosten dienen. Vorort sollen Spendengelder für SOLI-Aktionen gesammelt werden.
Die vorgestreckten Gelder werden wiederum von den Spendeneinnahmen bestenfalls in das Budget zurückgezahlt damit sich dieses einigermaßen trägt. Perspektivisch wird dies auch gemeinsam mit anderen Orgas, Vereinen und der Partei Die Linke zusammen gedacht.
Der neue Koalitionsvertrag, die Inflation und die sozialen Kürzungen treffen insbesondere auch Sexarbeitende in der Stadt. Viele von ihnen sind als Frauen, Migrant*innen und oder trans Personen massiv Diskriminierung ausgesetzt. Zusätzlich locken Apps wie OnlyFans, junge Menschen, mit schnellem Geld und sind in sozialen Medien omnipräsent. Es ist also dringend notwendig, auf Berlin Ebene die Positionen des Bundesverbandes auszuformulieren.
Die Linksjugend [’solid] Berlin steht für eine solidarische Stadt. Dass Menschen ihren Körper verkaufen müssen, um zu überleben oder durch andere Umstände in die Prostitution gezwungen werden, ist eines der Dinge, die wir als sozialistischer Verband bekämpfen. Wir erkennen aber an, dass unsere langfristigen Ziele nicht kurzfristig helfen. In dem Kontext unterstützen wir Selbstorganisation für Sexarbeitende. Wir unterstützen die Sex Worker Action Group Berlin und die Sektion Sexarbeit der Freie Arbeiter*innen Union Berlin in ihrem gewerkschaftlichen und selbstbestimmten Kämpfen.
Wir wollen das Thema als Linksjugend Berlin nicht länger ignorieren. Wie kommt es, das gerade Männer sich verpflichtet fühlen, Sex zu kaufen? Es ist ein Thema, das alle Geschlechter angeht.
Wir fordern:
• Stoppt die Abschiebungspolitik, nur so kann Menschenhandel entgegengewirkt werden.
• Stärkung von Selbstorganisation, wir solidarisieren uns mit Sex Worker Action Group
Berlin und die Sektion Sexarbeit der Freie Arbeiter*innen Union Berlin
• Eine intensivere finanzielle Unterstützung von Hydra, Olga und Subway und weiteren
Beratungsstellen, die nicht Sex Worker feindlich sind.
• Soziale Hilfe trotz Fortführung der Sexarbeit.
• Ein Stopp der Stigmatisierung und Stärkung von Beratung und Aufklärung zusätzlich
zu den Ausstiegsprogrammen
• Aufgrund Apps wie Only Fans bereits Prävention und Aufklärungsmaßnahmen für
Minderjährige.
• Ein Stopp der Law and Order Politik, die keine Sicherheit schafft, sondern
Diskriminierung
• Stärkung der sozialen Systeme der Stadt, sodass Menschen nicht Sex Arbeit betreiben
Erst kürzlich war der Aufschrei unter Arbeitgeber*innen wieder groß: Da haben sich die Beschäftigten an Flughäfen doch tatsächlich erlaubt, von ihrem durch die Verfassung garantierten Recht auf Streik Gebrauch zu machen, um die von ihnen durch die Inflation erlittenen Reallohnverluste auszugleichen. Schlimm! Natürlich hatten die Arbeitgeberverbände dafür direkt eine Lösung parat: Warum nicht das Streikrecht einschränken?[1]
Dabei hat die Bundesrepublik Deutschland im europäischen Vergleich bereits jetzt eines der rückständigsten Streikrechte. Zwar wird verfassungsrechtlich durch Art. 9 III GG ein verbandsgebundenes Streikrecht in Arbeitskämpfen garantiert. Dieses Streikrecht wird in langer Tradition durch die Rechtsprechung eingeschränkt. Eine besondere Rolle spielt dabei der erste Präsident des Bundesarbeitsgerichts (BAG), der
die Streik-Rechtsprechung bis heute prägt: Hans Carl Nipperdey, der 1934 das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit entwarf, mit dem im Sinne einer „Volksgemeinschaft“-ähnlichen „Betriebsgemeinschaft“ das Führerprinzip in Betrieben eingeführt wurde. Nach Gründung der BRD in Amt und Würde verholfen wandte Nipperdey seine nationalsozialistischen Überzeugungen weiter an. Unter anderem schuf er richterrechtlich einen Schadensersatzanspruch bestreikter Unternehmen, der noch heute
dazu führt, dass sich Gewerkschaften, bevor sie von ihrem in der Verfassung verankerten Recht auf Streik Gebrauch machen, erst Gedanken darüber machen müssen, ob nicht ein entferntes, möglicherweise mittelbar von den Streikauswirkungen betroffenes Unternehmen anschließend Schadensersatzforderungen gegen die Gewerkschaft erhebt.
Die in Deutschland geltenden Einschränkungen des Streikrechts verstoßen dabei sogar gegen internationales Recht: Art. 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta gewährleistet das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts. Eine Beschränkung des Rechts auf Verbände (Gewerkschaften) ist dabei nicht vorgesehen; indem die BRD „wilde“ Streiks verbietet, verstößt sie gegen die Europäische Sozialcharta.
Die Linksjugend [’solid] Berlin steht für ein umfassendes Streikrecht ohne Einschränkungen. Wir kämpfen für ein Streikrecht, mit dem sich das Kapital und dieser Staat in die Knie zwingen lässt.
Im Einzelnen fordern wir:
Die Forderungen nach der Ausweitung des Streikrechts müssen parlamentsgesetzlich umgesetzt werden. Werden sie das nicht, so dürfen sich die Gewerkschaften davon nicht beirren lassen: Bleiben die Arbeiter*innen im Rahmen eines Generalstreiks überall ihrem Arbeitsplatz fern, so können sie selbst Panzer nicht an ihren Arbeitsplatz zurückzwingen. Das Streikrecht ist – auch durch Streik – politisch erkämpft worden; genauso muss auch seine Ausweitung erkämpft werden.
Die Linksjugend [’solid] Berlin ist darüber hinaus selbstverständlich solidarisch mit den Streikenden im öffentlichen Dienst in Deutschland sowie mit den Streikenden in Frankreich.
[1] Arbeitgeber wollen Streikrecht begrenzen, Tagesschau.de v. 22.2.2023, online: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/streiks-arbeitegber-verdi- tarifverhandlungen-101.html (abgerufen am 20.3.2023).
Löschung der Berliner Polizeiaccounts einleiten – Polizeipropaganda beenden
Nicht nur für uns als junge Garde ist das Internet kein Neuland – auch der Repressionsapparat dieses Staates hat mittlerweile entdeckt, dass sich über das Internet respektive die Sozialen Medien wesentlich schneller Meldungen verbreiten lassen und sich über sie öffentliche Debatten prägen lassen. Das gilt nicht zuletzt für die Berliner Bullerei, die sich in den Sozialen Netzwerken Twitter, Facebook und Instagram – um mal diese Metapher zu bemühen – so wohl fühlt, wie ein Schwein in einer tiefen braunen Schlammpfütze.
Kleine Geschichte der polizeilichen Lügenmärchen
Was die Verbreitung von Falschmeldungen mit dem Ziel, sich selbst medial ins bessere Licht und andere ins schlechtere Licht zu setzen, angeht, ist die Berliner Polizei ganz vorne mit dabei.
Aber auch andere Polizeien verbreiten offensichtlich gelogene Meldungen:
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fälle, in denen sich die Polizei fragwürdige Werturteile und Schlussfolgerungen in Sozialen Medien erlaubte.
In anderen Fällen macht sich die Polizei die hohe Reichweite ihrer Social-Media-Accounts zunutze, um sich übergriffig gegenüber Personen aus dem realen Leben zu verhalten.
Dem Missbrauch medialer Macht durch die Polizei entgegentreten
Polizeiaccounts genießen inzwischen hohe Reichweiten in Sozialen Medien. Auf Twitter, einem Microblogging-Portal, das gerade Journalist:innen überdurchschnittlich häufig nutzen, gehört der Berliner Polizei-Account @polizeiberlin mit knapp 500.000 Follower:innen (Stand Januar 2021) zu den reichweitenstärksten Accounts im deutschsprachigen Raum – er hat wesentlich mehr Follower:innen als andere Behördenaccounts wie dem Regierenden Bürgermeister (ca. 31.000) und sogar erheblich mehr Follower:innen als journalistische Accounts wie „Die Zeit“ (knapp 400.000), allerdings etwas weniger als „Der Spiegel“ (2,7 Mio.) oder „Bild“ (1,7 Mio.), spielt aber also in derselben Größenordnung im Mediengeschehen mit.
Schon das bringt aber ein Problem mit sich: Zu recht wird in Bezug auf die Medien von einer „vierten Gewalt“ gesprochen. Im Gegensatz zu den ersten drei Gewalten sind die Medien keine Staatsgewalt, sondern haben die Funktion, öffentlich das Handeln des Staates zu kontrollieren. Indem die Polizei reichweitenstarke Social-Media-Accounts betreibt, konkurriert sie mit den staatsfernen Medien um Leser:innen. Dabei passiert das, was nicht sein darf: Die Grenzen zwischen Staatsmacht und Medien verschwimmt.
Dabei passiert außerdem folgendes: Während bislang zwischen einer Polizeimeldung und, dass ihr Inhalt an die Bevölkerung gelangt, noch der Zwischenschritt lag, dass Pressehäuser auswählten, welche Polizeimeldungen sie verbreiteten bzw. ob und wie sie sie kritisch einbetteten, so kann die Polizei heutzutage direkt „zum Volk“ sprechen: Die Polizei wählt selbst aus, welche Meldungen sie in welcher Form verbreitet. Auch das ist eine Entwicklung, die nicht sein darf.
Neben den oben dargestellten Fällen schamloser Lügerei auf Polizeiaccounts verstehen Polizeibehörden, die im Übrigen selten eine gesetzliche Ermächtigung in Form einer Aufgabennorm für Öffentlichkeitsarbeit auf Social Media haben, immer häufiger als Entertainmentangebot – klar, schließlich geht es ja darum, um Follower:innen zu konkurrieren, und da gehört es einfach dazu, wenn ein:e Gesetzbrüchige:r auch mal öffentlich bloßgestellt wird.
In den dargestellten Fällen schamloser Lügerei können Betroffene häufig eine Richtigstellung erwirken – zu diesem Zeitpunkt ist das Kind jedoch schon in den Brunnen gefallen, und die Richtigstellung findet in der Regel keine auch nur ähnlich hohe Verbreitung wie die Ursprungsmeldung.
Die hohe mediale Macht der Staatsgewalt muss daher effektiv gebrochen werden. Das bedeutet:
Forderung
Wir fordern den Berliner Innensenator Andreas Geisel nachdrücklich dazu auf, die unverzügliche Löschung aller Social-Media-Accounts der Berliner Polizei anzuordnen. Pressemitteilungen sollen die Berliner Polizeibehörden nur noch dann veröffentlichen, wenn sie durch die:den zuständigen Senator:in oder eine:n ihrer:seiner Staatssekretär:innen persönlich genehmigt wurden.
[1] Bert Schulz, Linke lassen Konfetti Konfetti sein, taz v. 4.3.2016, https://taz.de/Polizei-Verdacht-erweist-sich-als-falsch/!5280579/ [5.12.2020].
[2] Madleen Harbach/Helena Piontek, Warum „Friedel 54“ gegen die Berliner Polizei klagt, Tagesspiegel v. 10.2.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-tweet-und-seine-folgen-warum-friedel-54-gegen-die-berliner-polizei-klagt/25527580.html [5.12.2020].
[3] Angebliche Fetisch-Party in Berlin – Veranstalter kritisieren Polizei, Der Spiegel v. 26.10.2020, https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/berlin-angebliche-fetisch-party-veranstalter-kritisieren-polizei-a-c8d0b499-8c10-4f2d-af40-acb348ed0444 [4.1.2021].
[4] Club-Betreiber wehren sich nach Polizei-Post zu Drogenfund, RBB24 v. 30.11.2020, https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2020/11/berlin-mitte-polizei-spaeti-drogen-waffen-melancholie-club.html [4.1.2021].
[5] Matern Boeselager, Wie die Polizei mit fragwürdigen Meldungen das Bild der G20-Demos manipulierte, Vice v. 14.7.2017, https://www.vice.com/de/article/d384kz/wie-die-polizei-mit-fragwurdigen-meldungen-das-bild-der-g20-demos-manipulierte [5.12.2020].
[6] Jeja Klein, Lösch dich aus dem Internet, Polizeipresse!, nd v. 12.12.2020, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145682.pressearbeit-der-polizei-loesch-dich-aus-dem-internet-polizeipresse.html [11.12.2020].
[7] Maximilian König, Leipziger Polizeisprecher mischt sich unter Pseudonym in Gewalt-Debatte ein, Tagesspiegel v. 17.1.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/skandalnacht-von-connewitz-leipziger-polizeisprecher-mischte-sich-unter-pseudonym-in-gewalt-debatte-ein/25444168.html [4.1.2021].
[8] Polizei Hamburg auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/PolizeiHamburg/status/1278247130055036929 [5.12.2020].
[9] @teh_aSak auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/teh_aSak/status/1278329611491913728 [5.12.2020].
[10] Polizei Hamburg auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/PolizeiHamburg/status/1278291175846395904 [5.12.2020].
[11] Markus Reuter, Der elektrische Türknauf und die Molotowcocktails: Falschmeldungen der Polizei auf Twitter, netzpolitik.org v. 5.3.2018, https://netzpolitik.org/2018/der-elektrische-tuerknauf-und-die-molotowcocktails-falschmeldungen-der-polizei-auf-twitter/ [5.12.2020].
[12] Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf Twitter am 6.6.2015, https://twitter.com/polizeiOBS/status/607221284410388480 [5.12.2020].
[13] Boeselager a. a. O.
[14] Alexander Fröhlich, Berliner Polizei schaltet Kontaktanzeige über Instagram, Tagesspiegel v. 22.1.2019, https://www.tagesspiegel.de/berlin/soziale-medien-berliner-polizei-schaltet-kontaktanzeige-ueber-instagram/23897808.html [4.1.2021].
Wider die Gesinnungsjustiz – für eine kritische Aufarbeitung des Rondenbarg-Prozesses
Es ist der 7. Juli 2017, der Freitag des G20-Gipfels. Früh morgens zieht eine Demonstration mit etwa 200 Teilnehmer:innen von einem Camp im Altonaer Volkspark los. Gegen 6:30 Uhr trifft sie im Rondenbarg, einer Straße in einem Industriegebiet, trifft sie plötzlich auf die von fünf Wasserwerfern begleitete Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Blumberg. Ohne Vorwarnung stürmt diese auf die Versammlungsteilnehmer:innen los, um auf sie einzuprügeln. Aus der Demonstration werden – nach Beginn des Angriffs durch die Polizei[1] – vereinzelt Flaschen auf die Polizei geworfen, verletzt wird dabei niemand. Ein paar Versammlungsteilnehmer:innen bleiben stehen, viele versuchen zu fliehen. Links von der Straße ist eine hohe Böschung, von hinten stürmt weitere Polizei an. Viele versuchen, nach rechts eine von einem Geländer geschützte, mehrere Meter hohe Mauer herunterzuspringen, um über den dort gelegenen Parkplatz zu fliehen. Polizist:innen drücken dann Versammlungsteilnehmer:innen gegen das Geländer, das unter deren Last nachgibt. Die gegen das Geländer gedrückten Versammlungsteilnehmer:innen stürzen herab und ziehen sich teils schwere Verletzungen zu.
Nach Festnahmen durch die Polizei folgen Ermittlungsverfahren und später Anklagen. Insgesamt werden 85 Versammlungsteilnehmer:innen angeklagt. Ihnen werden gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch sowie weitere Delikte – gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt:innen, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt:innen, Sachbeschädigung, Bildung bewaffneter Gruppen – vorgeworfen.
Niemandem kann jedoch ein konkretes Delikt nachgewiesen werden. Die Staatsanwaltschaft lässt sich davon jedoch nicht beirren und beantragt erfolgreich Haftbefehle gegen Beschuldigte – weiterhin entgegen § 114 StPO ohne Vorliegen eines Verdachtes für eine konkrete strafrechtlich sanktionierte Handlung.[2]
Ende 2020 beginnen die ersten mündlichen Verhandlungen gegen fünf der 85 Angeklagten.
Zur Anwendung des Landfriedensbruchparagraphen, § 125 StGB
Wesentlicher juristischer Hintergrund ist die Anwendung des Landfriedensbruchparagraphen § 125 StGB.[3] Die derzeitige Fassung, nach der für die Erfüllung des Tatbestands erforderlich ist, sich an entsprechenden Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen beteiligt zu haben, die dann aus der Menschenmenge heraus begangen werden, oder auf eine Menschenmenge entsprechend eingewirkt werden muss, also nicht ausreicht, lediglich an einer Versammlung teilzunehmen, aus der heraus Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen begangen werden, hat der Paragraph seit der Strafrechtsreform 1969.[4] Bis dahin reichte aus, Versammlungsteilnehmer:in zu sein, um den Straftatbestand zu erfüllen. Bei der Gesetzesänderung 1969, die, was den Tatbestand betrifft, im Wesentlichen bis heute besteht, hatte der Gesetzgeber vor dem Hintergrund allgemeiner Liberalisierungstendenzen im Strafrecht auch genau das zum Ziel, die bloße Versammlungsteilnehmer:innenschaft zu entkriminalisieren.
Vor diesem Hintergrund zeichnen die Rondenbarg-Verfahren eine Tendenz ab, den § 125 StGB über den Wortlaut hinaus auszudehnen. Den Angeklagten wird lediglich zur Last geworfen, Teilnehmer:in der Versammlung zu sein, aus der heraus Gewalttätigkeiten gegenüber der Polizei begangen sein sollen. Die Staatsanwaltschaft spricht der Versammlung dabei auch ab, eine politische Demonstration zu sein, um so den Sachverhalt aus dem Schutzbereich des Demonstrationsgrundrechtes herauszuhalten – obwohl die Versammlung sämtliche im Verwaltungsrecht gängigen Merkmale für eine politische Demonstration erfüllt (so gingen die Versammlungsteilnehmer:innen bspw. in geschlossener Formation, trugen Transparente und riefen Parolen).
Diese Tendenz ist als krasser Angriff auf das Versammlungsgrundrecht zu qualifizieren und richtet sich darüber hinaus gegen den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz „keine Strafe ohne vorherige gesetzliche Bestimmtheit“. Die Staatsanwaltschaft will eine Verurteilung auch ohne ausreichende Rechtsgrundlage erwirken, um so ein politisches Signal gegen Linksradikale zu setzen. Das ist Gesinnungsjustiz.
Gefährliche Tendenzen in der Strafrechtspolitik
Während passiert, was rechtlich gar nicht sein dürfte (nämlich, dass ohne den Vorwurf einer konkreten strafrechtlich sanktionierten Handlung Personen nach dem § 125 StGB angeklagt werden), fordern einige bereits die Anpassung des Rechts an die tatsächlichen Begebenheiten. So forderte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul die Ausweitung des Tatbestandes in § 125 StGB auf alle Versammlungsteilnehmer:innen, um so besser gegen die verschwörungsideologische „Querdenken“-Bewegung sowie gegen Klimaaktivist:innen vorgehen zu können.[5] Reul fordert insoweit die Zurückänderung des § 125 StGB auf den Stand von 1872.
Auch in der Schweiz hat sich die Tendenz zu einer Ausweitung des Tatbestandes auf alle Versammlungsteilnehmer:innen abgezeichnet. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Art. 260 StGB (Schweiz) auf alle Versammlungsteilnehmer:innen.[6] Allerdings hatte das schweizerische Bundesgericht bislang die Anwendung des Art. 260 im Wege der grundrechtskonformen Auslegung auf solche Fälle begrenzt, in denen Beschuldigte die Gewalttätigkeiten zumindest gebilligt hatten. Dies hat sich mit den Prozessen im Zusammenhang mit der „Basel nazifrei“-Demonstration 2018 geändert, bei der gegen Teilnehmer:innen einer genehmigten antifaschistischen Gegenkundgebung Strafverfahren durchgeführt wurden, ohne diesen konkrete strafrechtlich sanktionierte Handlungen vorwerfen zu können, und diese nach dem Art. 260 StGB (Schweiz) auch zu Haftstrafen verurteilt wurden.[7]
Unsere Forderungen
Für uns ist klar: Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit darf nicht noch weiter eingeschränkt werden! Eine Versammlung steht auch dann unter dem Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheiten, wenn aus ihr heraus Gewalttaten begangen werden. Versammlungsteilnehmer:innen, denen keine Gewalttätigkeiten nachgeweisen werden können, dürfen daher auch nicht bestraft werden.
Wir fordern daher:
[1] Dies belegen (Polizei-)Videos des Einsatzes, die die Darstellung der Polizei widerlegen, nach der die Polizei zuerst massiv mit Flaschen, Steinen und Bengalos beworfen worden sei, widerlegen, vgl. bspw. hier: G20-Vorfall am Rondenbarg: das Polizeivideo, Panorama 3 v. 23.8.2017, https://www.ardmediathek.de/ndr/video/panorama-3/g20-vorfall-am-rondenbarg-das-polizeivideo/ndr-fernsehen/Y3JpZDovL25kci5kZS85NzIzYmZiMC05ZTNjLTRkNjYtYTBiYi1hNWZjZjdiNWE3Yzk/ [21.12.2020].
[2] Dazu u. a. Kristian Stemmler, „Das Verfahren folgt politischer Agenda eines Teils der Justiz“, Interview mit Matthias Wisbar, junge Welt v. 19.12.2020, https://www.jungewelt.de/artikel/392881.g-20-gipfel-in-hamburg-das-verfahren-folgt-politischer-agenda-eines-teils-der-justiz.html [21.12.2020].
[3] Wortlaut: „§ 125 – Landfriedensbruch:
(1) Wer sich an
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(…)“
[4] Wortlaut in der Fassung bis vor dem 1.9.1969: „§ 125:
(1) Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und mit vereinten Kräften gegen Personen oder Sachen Gewaltthätigkeiten begeht, so wird jeder, welcher an dieser Zusammenrottung Theil nimmt, wegen Landfriedensbruches mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.
(…)“
Die Änderungshistorie lässt sich über https://lexetius.com/StGB/125 [21.12.2020] nachverfolgen.
[5] Reul will Paragrafen für Landfriedensbruch ändern (Agenturmeldung), Zeit online v. 10.12.2020, https://www.zeit.de/news/2020-12/10/reul-will-paragrafen-fuer-landfriedensbruch-aendern [21.12.2020]
[6] Wortlaut des Art. 260 StGB (Schweiz): Art 260 Landfriedensbruch:
(1) Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
(…)“
[7] Siehe dazu u. a. Anja Conzett/Daniel Faulhaber, Was ist los in dieser Stadt? Der Tag im November, der Basel nicht mehr loslässt, Republik v. 24.11.2020, https://www.republik.ch/2020/11/24/der-basel-report-teil-1-der-tag-im-november-2018-der-basel-nicht-mehr-loslaesst [21.12.2020] und dieselben, Wer eskaliert wen? Die Basler Staatsgewalt außer Kontrolle, Republik v. 25.11.2020, https://www.republik.ch/2020/11/25/der-basel-report-teil-2-wer-eskaliert-wen-die-basler-staatsgewalt-ausser-kontrolle [21.12.2020].
Aufgrund der aktuellen Vorkommnisse um Greta Thunberg, Initiatorin der Schülerstreiks, wird die Notwendigkeit gesehen, sich als Landesverband für die streikenden Schüler zu positionieren. In Bayern und Baden-Würtemberg drohen bereits erste Schulen den Schülern mit Sanktionen, sollten diese, an den Demonstrationen anstatt dem Unterricht teilhaben.
Es ist mehr als Notwendig solch eine Bewegung zu haben und diese darf nicht durch Repression der Schulen etc. Unterdrückt werden. Grade nach Veröffentlichung des Abschlussberichts der Kohlekommission ist es wichtig, dass junge Menschen weiterhin auf die Straße gehen und sehen, dass es Jugendorganisationen gibt, die sich ebenfalls nicht von diesem Abschlussbericht zufriedenstellen lassen.
Denn auch wir fordern den sofortigen Kohleausstieg, kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr, Entschädigungszahlungen der Konzerne für die verursachten Umweltschäden und eine anschließende Enteignung RWEs.
Die linksjugend [’solid] Berlin unterstützt die Berliner Allianz für Freiheitsrechte (BAfF) in ihrem Anliegen, den erfolgreichen Ausgang des Volksentscheids des Bündnisses für mehr Videoüberwachung zu verhindern. Dafür soll die linksjugend [’solid] Berlin als Unterstützerin auf der Website der BAfF geführt werden und an der Bündnisarbeit mitwirken. Dazu gehört eine, wenn möglich, regelmäßige Teilnahme an den Bundnistreffen sowie an den stattfindenden Aktionen. Kampagnen sollen, wenn möglich, materiell unterstutzt werden.
Warum der Kampf gegen das Bündnis für mehr Videoüberwachung wichtig ist, zeigen die Ziele des Volksentscheids. Das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln) soll so geändert werden, dass theoretisch überall in Berlin Ton- und Videoüberwachung möglich sein soll (der Gesetzentwurf spricht von „allen Orten, an denen Straftaten geschehen konnten“). Bislang werden explizit 50 öffentliche Platze genannt, die von bis zu 50 Kameras überwacht werden sollen. Im Extremfall wurden also 2500 Kameras in Berlin installiert werden. Die Überwachung soll auch geheim erfolgen können, d.h., dass die Kameras nicht als solche erkennbar sein mussen. Des Weiteren ist der Gesetzentwurf schlecht ausgearbeitet. Er spricht von der „Verwendung der modernsten Technik und möglichst intelligenter Videoüberwachung“. Diese Vorgaben sind höchst ungenau und unrealistisch.
Mochte man den Vorgaben des Gesetzes entsprechen, bedeutet dies, dass jedes Kamerasystem bei jeder Neuveröffentlichung von Hard- und Software geupdatet werden musste.
Wir sagen „Nein!“ zum Überwachungsstaat und treten ein für Bürger*innen- und Grundrechte. Jeder Mensch hat ein Recht auf Schutz der eigenen Privatsphäre.
Dieses Recht darf nicht durch das völlig unnötige Anlegen von Bewegungsprofilen oder durch das Belauschen von Gesprächen auf öffentlichen Plätzen verletzt werden. Überwachung ist keine geeignete Antwort auf die Fragen unserer Zeit.
Die linksjugend [´solid] Berlin fordert die sofortige Auflösung des Bundesamtes für Verfassungschutz sowie des Verfassungsschutz Berlin.
Linksjugend [‚solid] Berlin unterstützt den Aufruf zur Demonstration gegen die rechte Anschlagserie in Neukölln.
Aufruf zur Demonstration gegen die rechte Anschlagserie in Neukölln
am Samstag, den 21. April 2008 um 15 Uhr
Auftaktkundgebung Bat-Yam-Platz (Nähe U7 Lipschitzallee) um 16.30 Uhr
Abschlusskundgebung Gedenktafel Burak Bektaş (Nähe U7 Britz Süd)
„Schluss mit dem rechten Terror – Solidarität mit den Betroffenen“
In der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2018 wurden in Neukölln zum wiederholten Male Autos von Demokrat*innen und Antifaschist*innen in Brand gesetzt. Die Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 28. Februar 2018 in einer Entschließung die erneuten Brandanschläge verurteilt und sich mit den Betroffenen solidarisch erklärt. Die Unterzeichnenden schließen sich dieser Erklärung an und fordern ebenfalls, dass die Anschlagsserie als terroristisch eingestuft wird.
Darüber, dass die Taten von extrem Rechten begangen wurden, gibt es wenig Zweifel. Die Betroffenen hatten sich in der Vergangenheit klar gegen rechts positioniert. Auch das Datum mit der Nähe zum Jahrestag der Machtübernahme der Nationalsozialisten vor 85 Jahren verstärkt diese Annahme auf bedrückende Weise.
Erneut zeigt sich, dass rechter Terror die Schädigung von Gesundheit und Leben seiner Opfer billigend in Kauf nimmt. Die Mordtaten des NSU sind dafür ein erschreckender Beweis, und auch bei den letzten Taten in Neukölln waren Menschen unmittelbar gefährdet.
Es liegt nahe, dass der mangelnde Erfolg von Polizei und Justiz, Täter festzustellen und vor Gericht zu bringen, von den Brandstiftern offenbar als Ermutigung zur Fortsetzung ihrer Taten verstanden wird. Betroffene und die Neuköllner Bevölkerung erwarten nunmehr endlich Erfolge bei der Aufklärung dieser Taten!
Mit dem Einzug der AfD in mehrere Parlamente scheinen Rassismus und Hetze gegen Andersdenkende wieder salonfähig geworden zu sein. Von den Tätern wird dies offenbar als Ermutigung verstanden, durch Terror demokratische Kräfte in Neukölln und anderswo einzuschüchtern.
Gegen den rechten Terror sehen wir alle Initiativen und Einrichtungen gefordert, die für ein demokratisches und solidarisches Miteinander eintreten. Gemeinsam treten wir rechten Gewalttätern entgegen und solidarisieren uns mit den Betroffenen. Wir verteidigen die Demokratie und setzen uns für eine offene Gesellschaft und ein solidarisches Miteinander ein – in Neukölln und überall.
* Bein diesem Beschluss gab es erhebliche Änderungen, die in den vorliegenden Dokumenten nicht konkretisiert werden konnten.
Seit fast einem Jahr ist die Berliner Regierung im Amt. Diese erneute Regierungsbeteiligung der Partei DIE LINKE stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Dies zeigt vor allem die Affäre um Staatssekretär Andrej Holm, welchen SPD und Grüne aus Angst vor jemanden, der „den Hausbesetzern näher [steht] als vielen privaten Investoren“ (Czaja über Holm) aus der Regierung verbannt haben. Beinahe widerstandslos ließ man sich das gefallen und begrub somit den Willen vieler Wähler*innen.
Wir wollen ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine erste Zwischenbilanz ziehen:
Was hat die Senatspolitik positives gebracht:
Was ist fraglich:
Was ist aus unserer Sicht abzulehnen:
Das ist bloß ein Teil von dem was in der Berliner Regierung nicht so läuft, wie es laufen sollte. Schon mit Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung setzte sich DIE LINKE über rote Haltelinien hinweg und änderte bis heute nichts daran. Die aufgezählten Punkte zeigen auf, dass eine Politik mit pro-kapitalistischen Parteien nicht unseren Interessen dienen kann. Wir brauchen dringend Verbesserungen im sozialen Bereich. Diese Forderungen lassen sich aber scheinbar nicht mit SPD und Grünen umsetzen. Wir haben noch keine Zustände wie in Brandenburg und Thüringen, wo DIE LINKE durch Stellenabbau im Rahmen von Gebietsreformen (die jetzt Stück für Stück wohl zurückgezogen werden) und andere Maßnahmen massiven Unmut auf sich zieht. Doch wenn sie in Berlin ihren Kurs nicht korrigiert, drohen ihr die gleichen Entwicklungen.
Darum sollte DIE LINKE zum nächstmöglichen für die Bevölkerung nachvollziehbaren Zeitpunkt die Koalition beenden und zu einer starken Oppositionsarbeit zurückkehren. DIE LINKE darf nicht zu einer Partei des Kapitals verkommen und muss sich gegen Unterdrückung der Arbeiter*innen einsetzen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren.
[1] https://volksentscheid-fahrrad.de/de/2017/10/13/senat-schiebt-mobilitaetsgesetz-erneutauf-radentscheid-fordert-klares-bekenntnis-von-allen-regierungsparteien-zuverabschiedung-und-umsetzung-des-radgesetzes-3991/
[2] https://www.gemeingut.org/berliner-schulprivatisierung-brief-an-die-abgeordneten-vonrot-rot-g
[3] http://www.tagesspiegel.de/berlin/volksbuehne-am-tag-der-raeumung-ende-einer-dauerperformance/20394474.html
[4] https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm1016/101618.htm
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/04/Gewobag-kauft-Neues-Kreuzberger-Zentrum.html
[5] http://www.tagesspiegel.de/berlin/umgang-mit-asylverfahren-berlin-schiebt-kaumab/20407788.html
[6] http://www.tagesspiegel.de/berlin/immobiliengesellschaft-deutsche-wohnen-erstaufwendig-sanieren-dann-die-miete-drastisch-erhoehen/20425802.html
[7] http://www.die-linkeberlin.de/politik/positionen/politik_fuer_berlin/haushaltsverfassung/bund_laender_finanzen_und_infrastrukturgesellschaft/
[8] https://www.gew-berlin.de/17881_18802.php und https://www.gewberlin.de/17881_19026.php https://www.gew-berlin.de/17881_19386.php
[9] https://www.verdi-cfm.com/app/download/11238051098/171016_Tarifinfo+16+ver.di-CFM+Bewegung+mit+Hindernissen.cleaned.pdf?t=1508169245
[10] http://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-volksentscheid-zum-txl-mitgesellschaftergegen-offenhaltung-tegels/20506704.html