Streikrecht verteidigen und ausweiten II

Linksjugend solid Berlin strebt eine Stärkung der Positionierung des Bundesverbandes
 Linksjugend solid für ein umfassendes Streikrecht an. Hierzu bestärkt die
 Landesvollversammlung ihre Beschlüsse „Streiks wie in Frankreich? Ja bitte! –
 Streikrecht verteidigen und ausweiten“[1] und „Solidarität mit allen Streikenden“[2]
 (XXXIII. LVV) und stellt den nachfolgenden Antrag an den Bundeskongress.

 Der Bundeskongress möge beschließen:

 Streikrecht verteidigen und ausweiten

 Erst kürzlich war der Aufschrei unter Arbeitgeber*innen wieder groß: Da haben sich
 die Beschäftigten an Flughäfen doch tatsächlich erlaubt, von ihrem durch die
 Verfassung garantierten Recht auf Streik Gebrauch zu machen, um die von ihnen durch
 die Inflation erlittenen Reallohnverluste auszugleichen. Schlimm! Natürlich hatten
 die Arbeitgeberverbände dafür direkt eine Lösung parat: Warum nicht das Streikrecht
 einschränken?[3]

 Dabei hat die Bundesrepublik Deutschland im europäischen Vergleich bereits jetzt
 eines der rückständigsten Streikrechte. Zwar wird verfassungsrechtlich durch Art. 9
 III GG ein verbandsgebundenes Streikrecht in Arbeitskämpfen garantiert. Dieses
 Streikrecht wird in langer Tradition durch die Rechtsprechung eingeschränkt. Eine
 besondere Rolle spielt dabei der erste Präsident des Bundesarbeitsgerichts (BAG), der
 die Streik-Rechtsprechung bis heute prägt: Hans Carl Nipperdey, der 1934 das Gesetz
 zur Ordnung der nationalen Arbeit
entwarf, mit dem im Sinne einer
 „Volksgemeinschaft“-ähnlichen „Betriebsgemeinschaft“ das Führerprinzip in Betrieben
 eingeführt wurde. Nach Gründung der BRD in Amt und Würde verholfen wandte Nipperdey
 seine nationalsozialistischen Überzeugungen weiter an. Unter anderem schuf er
 richterrechtlich einen Schadensersatzanspruch bestreikter Unternehmen, der noch heute
 dazu führt, dass sich Gewerkschaften, bevor sie von ihrem in der Verfassung
 verankerten Recht auf Streik Gebrauch machen, erst Gedanken darüber machen müssen, ob
 nicht ein entferntes, möglicherweise mittelbar von den Streikauswirkungen betroffenes
 Unternehmen anschließend Schadensersatzforderungen gegen die Gewerkschaft erhebt.

 Die in Deutschland geltenden Einschränkungen des Streikrechts verstoßen dabei sogar
 gegen internationales Recht: Art. 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta gewährleistet
 das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen
 einschließlich des Streikrechts
. Eine Beschränkung des Rechts auf Verbände
 (Gewerkschaften) ist dabei nicht vorgesehen; indem die BRD „wilde“ Streiks verbietet,
 verstößt sie gegen die Europäische Sozialcharta.

 Linksjugend solid Berlin steht für ein umfassendes Streikrecht ohne Einschränkungen.
 Wir kämpfen für ein Streikrecht, mit dem sich das Kapital und dieser Staat in die
 Knie zwingen lässt. Im Einzelnen fordern wir:

 Weiter bestärkt der Bundeskongress die Forderung von Linksjugend solid nach der
 Abschaffung kirchenarbeitsrechtlicher Einschränkungen des Streikrechts.[4]

 Die Forderungen nach der Ausweitung des Streikrechts müssen parlamentsgesetzlich
 umgesetzt werden. Werden sie das nicht, so dürfen sich die Gewerkschaften davon nicht
 beirren lassen: Bleiben die Arbeiter*innen im Rahmen eines Generalstreiks überall
 ihrem Arbeitsplatz fern, so können sie selbst Panzer nicht an ihren Arbeitsplatz
 zurückzwingen. Das Streikrecht ist – auch durch Streik – politisch erkämpft worden;
 genauso muss auch seine Ausweitung erkämpft werden.

 Linksjugend solid ist darüber hinaus selbstverständlich solidarisch mit den
 Streikenden im öffentlichen Dienst in Deutschland sowie mit den Streikenden in
 Frankreich.

Literatur/Weblinks:

 Kampagne für ein umfassendes Streikrecht: Über uns, online:
 https://rechtaufstreik.noblogs.org/ueber-uns/ (abgerufen

  

 [1] Landessprecher*innenrat Linksjugend solid Berlin (Hrsg.), Beschlüsse der
 Landesvollversammlung Linksjugend solid Berlin, 3. Aufl. April 2023, online unter
 https://www.be.linksjugend-solid.de/wp-content/uploads/2023/04/ljs-berlin-
 beschlusssammlung-aufl3.pdf
(abgerufen am 2.9.2023), S. 195 – 197.

 [2] A. a. O., S. 197 f.

 [3] Arbeitgeber wollen Streikrecht begrenzen, Tagesschau.de v. 22.2.2023, online:
 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/streiks-arbeitegber-verdi-
 tarifverhandlungen-101.html
(abgerufen am 20.3.2023).

 [4] „Liberté, Egalité, Laïcité“, Beschluss des IX. Bundeskongresses v. 8.–10.4.2016,
 online unter https://www.linksjugend-solid.de/beschluss/liberte-egalite-laicite/
 (abgerufen am 2.9.2023); „Der katholischen Kirche den feministischen und
 laizistischen Kampf ansagen!“, Beschluss des X. Bundeskongresses v. 21.–23.4.2017,
 online unter
 https://www.linksjugend-solid.de/beschluss/der-katholischen-kirche-den-
 feministischen-und-laizistischen-kampf-ansagen/
(abgerufen am 2.9.2023).

Für ein solidarischen Pfingstcamp

Für den Landesverband Berlin ist das Linke Pfingstcamp initiiert durch die Genoss*innen der Linksjugend [’solid] Brandenburg eine langjährige Tradition. Seit 2008 beteiligen wir uns regelmäßig an der Organisation und Gestaltung des Camps mit
 seinen Workshops, Partys, Konzerten, Lesungen und weiteren Angeboten.

 Für uns heißt das Pfingstcamp aber auch Austausch mit anderen Jugendorganisationen
 der Region.

 Das Pfingstcamp schafft politische Praxis, Vernetzung und Erholung für die Verbände
 und ihre Mitglieder. Nicht nur in der Organisation, sondern auch vor Ort lernen die
 Teilnehmenden das Leben auf Camps, es wird inhaltlicher Input vermittelt und es
 bilden sich Freundschaften zwischen den Verbänden.

 Als linke und sozialistische Jugendliche und junge Erwachsene lernen wir zusammen zu
 arbeiten und erlangen Wissen, welches uns auch bei der Organisation von anderen
 Dingen, wie Protestcamps oder Bildungsveranstaltungen unterstützt.

 Für ein gutes Klima sorgt aber auch ein gemeinsames Verständnis. Um dies zu
 ermöglichen akzeptieren und verinnerlichen wir den folgenden politischen Konsens.

 

 LINKES PFINGSTCAMP 2023

 – politischer Konsens –

  

 Vorbemerkung

 Mit diesem Papier wollen wir als beteiligte Organisationen des Bündnisses des Linken
 Pfingstcamps unser politisches Selbstverständnis festhalten. Gleichzeitig möchten wir
 gemeinsam einen politischen Grundkonsens und politische Leitlinien festhalten, unter
 denen unser Pfingstcamp stattfinden soll und dessen Identifikation, Achtung und
 Wahrung wir uns von allen Teilnehmer*innen und Organisator*innen des Pfingstcamps
 wünschen und dessen Einhaltung wir einfordern. Damit werden (politische) rote Linien
 festgelegt, welche eine Teilnahme am Linken Pfingstcamp für uns ausschließen.
 Gemeinsam hoffen wir so, unser Linkes Pfingstcamp als Raum zu erhalten, in dem wir
 uns alle wohlfühlen können. Trotz allem ist das Linke Pfingstcamp ein politisches
 Jugendcamp, bei dem politische Diskussionen und ein offener und fairer
 Meinungsaustausch gefördert werden und auch nicht immer alle derselben Meinung sein
 müssen. Dennoch gibt es auch Grenzen, welche wir hiermit festhalten wollen.

 

 Selbstverständnis

 Das Linke Pfingstcamp ist ein Ort antifaschistischer, linker, feministischer und
 sozialistischer Vernetzung und Selbstermächtigung, welches jedes Jahr von
 verschiedenen linken Jugendverbänden aus Berlin und Brandenburg gemeinsam von
 Jugendlichen und jungen Erwachsenen für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von
 etwa 14 bis 35 Jahren organisiert wird. Hierbei gehen wir immer wieder auf
 verschiedenste Camping- und Zeltplätze in Berlin oder Brandenburg, um für das
 Pfingstwochenende selbstorganisiert und -verwaltet gelebten Ferienkommunismus, einen
 schönen und geschützten Lernort für Empowerment und politische Bildung zu schaffen.
 Ein solches Camp kann ein kleiner und zeitlich beschränkter Freiraum innerhalb einer
 unfreien Welt sein. Camps sind seit langem Teil und Ausdruck der sozialistischen
 Jugendbewegung und des antifaschistischen Widerstandes. Sie sind ein Ort des
 Austausches, der erlebbaren Basisdemokratie und auch ein Ort, um dem grauen Alltag
 für einen Moment entfliehen zu können.

 Das linke Pfingstcamp ist als Mitmach-Camp und solidarischer Versuchsort zu
 verstehen, an dem sich die Teilnehmenden selbständig und eigenverantwortlich
 ausprobieren und lernen können. Hierbei ist es ok, Fehler zu machen und auch nicht
 alles sofort zu können oder zu wissen. Schließlich ist das Pfingstcamp in erster
 Linie ein offener, solidarischer und fehlertoleranter Lernort. Um in Ruhe lernen und
 wachsen zu können ist es aber auch wichtig, zu verstehen, dass das Linke Pfingstcamp
 kein Ort ist, an dem die großen politischen Fragen unserer Zeit geklärt werden
 können. In der Diskussionskultur sollten wir deshalb darauf achten, respektvoll und
 wertschätzend miteinander zu kommunizieren, um voneinander lernen zu können und um
 uns weiter entwickeln zu können. Das gemeinsame solidarische und emanzipatorische
 Lernen steht im Mittelpunkt und nicht der vermeintliche Sieg über die*den
 argumentative*n Gegner*in. Wir sind davon überzeugt, dass keine Seite gewinnt, wenn
 politische Konflikte aggressiv und persönlich verletzend ausgetragen werden.
 Stattdessen wollen wir zum gegenseitigen Verständnis beitragen und lernen,
 Widersprüche auszuhalten. In diesem Sinne ist es auch wichtig, zu benennen, dass
 unser Linkes Pfingstcamp den Charakter eines offenen und geschützten Lernorts ohne
 Druck und Beeinflussung aus Einzel-Gruppen und Personen besitzt.

  

  

 Für uns hat auf dem Linken Pfingstcamp definitiv keinen Platz:

 Uns ist bewusst, dass wir durch die einfache Nennung dieser Punkte nicht jegliche
 Diskriminierung aus der Welt schaffen. Wir sehen es als unsere kollektive
 Verantwortung, auch das eigene Verhalten kritisch zu hinterfragen, um so irgendwann
 einen Safe Space für alle schaffen zu können. Zusammen mit einem Awareness-, einem
 Schutzteam und entsprechenden Konzepten wird das Organisationsteam diese Grundsätze
 konsequent umsetzen und gegebenenfalls vom Hausrecht Gebrauch machen und Personen
 ausschließen. Bei Teilnehmer*innen unter 18 Jahren werden hierbei die Eltern
 kontaktiert bzw. weiterhin bis zum Verlassen des Camps eine angemessene Betreuung
 sichergestellt, um den Aspekten des Jugendschutzes gerecht zu werden.

 

 Sicherheits- und Schutzkonzept

 Um unser Camp zu einem möglichst sicheren Ort für alle Teilnehmer*innen zu machen und
 um berechtigten Schutzbedürfnissen von Teilnehmer*innen aus vulnerablen Gruppen zu
 gewährleisten, arbeiten wir als Organisator*innen des Linken Pfingstcamps mit:

 Wir freuen uns auf ein Linkes Pfingstcamp, bei dem sich alle Menschen wohlfühlen und
 gemeinsam in einen Austausch kommen können. Solltet ihr Fragen zum Camp und unserem
 Konsens haben, meldet euch unter: pfica@falken-brandenburg.de

Änderung der Finanzordnung

Die Finanzordnung wird wie folgt geändert:

 1. § 1 Abs. 3 S. 1 wird ersetzt durch: Der LSPR beschließt den Haushaltsplan. Der Haushaltsplan soll bis zum 15. Dezember des Vorjahres beschlossen werden.

 2. § 1 Abs. 4 wird „Quartal“ durch „Monat“ ersetzt.

 3. § 1 Abs. 5 S. 1 wird ersetzt durch: Titel im Haushalt sind gegenseitig zu 10 vom Hundert deckungsfähig. Bei Abweichungen von mehr als 10 vom Hundert ist ein Nachtragshaushalt zu erstellen und zu beschließen.

 4. In § 3 Abs. 1 Buchst. b wird „400€“ durch „200 Euro“ ersetzt.

 5. In § 3 Abs. 1 Buchst. c wird „1000€“ durch „400 Euro“ ersetzt.

 6. In § 3 wird nach Abs. 3 neue Abs. 4 und 5 eingefügt: (4) Nicht ausgegebenes Budget nach Abs. 1 Buchst. a verfällt, soweit die Basisgruppe der*dem Landesschatzmeister*in nicht bis zum 15. Oktober des Haushaltsjahres eine Kostenaufstellung über die beabsichtigte Verwendung der ihr zugeteilten Mittel vorlegt. (5) Abs. 1 Buchst. findet Anwendung, soweit mindestens fünf Mitglieder des Landesverbandes oder ein Organ oder eine Gliederung bis zum 31. Januar des Haushaltsjahres beim LSPR die Verwendung von Kältehilfe-Mitteln beantragen.

 7. In § 7 Abs. 3 S. 2 werden nach „verfügbaren“ die Worte „und sinnvollen“ eingefügt.
 8. § 8 Abs. 1 S. 1 und 2 wird ersetzt durch: Die Kostenerstattung erfolgt auf
 schriftlichen Antrag. Für den Antrag ist das durch die LGS und auf der Homepage bereitgestellte Antragsformular zu verwenden. Die sachliche und formelle Richtigkeit der Angaben im Antragsformular ist Voraussetzung der Kostenerstattung.

9. In § 7 Abs. 1 S. 1 Buchst. b wird das Wort „vegane“ gestrichen.
10. In §7 Abs. 1 S. 2 wird durch folgendes ersetzt.
„Wenn sich vegane Verpflegung nicht organisieren lässt, kann nach Rücksprache mit dem LSpR oder der LGS sowie einer kurzen textlichen Begründung auch eine vegetarische Alternative erstattet werden.“ wird ersetzt durch

„Tagesverpflegung ist nur dann angemessen, wenn auch ein veganes Angebot bereit gestellt wird. Wenn sich kein veganes Alternativangebot einrichten lässt, muss zumindest ein vegetarisches Alternativangebot angeboten werden.

Die Planungsautonomie der Basisgruppen wird nicht von den oben genannten Punkten eingeschränkt. Die Basisgruppen verfügen über ihre Basisgruppengelder in freier Endscheidung.“

 11. In § 8 Abs. 3 wird das Wort „Eigenbeleg“ durch die Worte „eidesstattliche Versicherung“ ersetzt.

 12. Die Schlussformel wird ersetzt durch: 30 Beschlossen durch die XXXI.
 Landesvollversammlung am 10. April 2022; geändert durch Beschluss der XXXIII. Landesvollversammlung am 2.4.2023

Beschluss zur Schaffung einer Landesjugendzeitung 

Der LSPR wird hiermit dazu aufgefordert, die Gründung einer Landesjugendzeitung benannt “Nelkenblatt” im Kreationsprozess zu fördern.

Das NB soll sich entlang der ’solid Werte des Pluralismus, Antikapitalismus und der sozialen Gerechtigkeit in seiner inhaltlichen Arbeit orientieren. Es soll in die Rubriken „Aktuelles“, „Arbeitskämpfe“, „Queeres und Feminismus“ und „Kommentar“ aufgeteilt werden und weitere Rubriken können nach Ansicht der Aktiven hinzugefügt werden. Für den Druck sollten die ersten zwei Seiten immer mit aktuellen Aktionen der Linksjugend ’solid besetzt sein.

Es soll allen, unabhängig von ’solid Mitgliedschaft‘ ermöglichen, ihre Artikel im NB zu veröffentlichen, insofern diese durch die Aktiven als der Werte des NB entsprechend angesehen werden. Das Kurieren von Artikel, z.B. zur Korrektur von Rechtschreibung, wird dem LSPR überlassen.

Budget-Erhöhung

Das Budget der Basisgruppen wird auf 500€ erhöht. Macht eine Gruppe den Bedarf nicht bis September geltend, wird das Budget den anderen Gruppen zur Verfügung gestellt.

Für ein FLTI*-Plenum auf der Landesvollversammlung

Um der Auseinandersetzungen um Fragen der Gleichstellung nicht zu einer Frage einer konkreten Initiative zu machen, wird der Landessprecher*innenrat aufgefordert:

Linkes Pfingst-Camp 2018

Die linksjugend [`solid] Berlin beteiligt sich am linken Pfingst-Camp 2018. Das linke Pfingst-Camp wird von Aktivist*innen von  linksjugend [`solid] Berlin, linksjugend [`solid] Brandenburg und der sozialistischen Jugend Die Falken Brandenburg organisiert. Die linksjugend [`solid] Berlin beteiligt sich mit 5000,- € an den anfallenden Kosten des Bündnisses.

Relaunch der Landesebene

Wo wir stehen

Zeiten der Polarisierung

Das neue Jahr hat begonnen und bereits jetzt lässt sich sagen, dass es nicht weniger Herausforderungen schafft als das Letzte. Wir leben in Zeiten des Umbruchs, in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung und in Zeiten der politischen Neuordnung. Sowohl international, als auch in Deutschland erleben wir ein Erstarken des rechten Blocks. Ob Trump in der USA oder die AfD in Deutschland – autoritäre Politik ist wieder populär und erzielt Erfolge im ganz großen Maßstab. Während die Rechten in die Parlamente einziehen, sieht auch der neoliberal-konservative Block, wie sich Risse im sicher geglaubten gesellschaftlichen Konsens auftun. Kräfteverhältnisse werden neu ausgefochten und so scheint die Auseinandersetzung der Zeit Merkel vs. AfD zu sein. Doch trotz einer gewissen Marginalisierung in der medialen Öffentlichkeit gewinnt auch ein drittes Lager an Zuspruch und Relevanz. Ein Pol der Solidarität und emanzipatorischen Alternativen, der verschiedenste fortschrittliche Kräfte umfasst, allerdings stellenweise noch Schwierigkeiten hat, seine Stimme zu erheben. Bestes Beispiel dafür sind die Millionen von Menschen, die im letzten Jahr ehrenamtlich Geflüchtete unterstützt haben und die Unzähligen, die sich im Zuge der aktuellen Außeinandersetzungen für eine linke Politik stark machen.

Auch wir bei linksjugend [’solid] erleben, wie sich an den Konflikten der Zeit eine ganze Generation politisiert. Eine Generation, die die Aussagen eines Höckes nicht unwidersprochen lassen möchte und sich von unserem Jugendverband ein Sprachrohr verspricht. Im Jahr 2016 sind 60 Menschen Mitglied unseres Landesverbandes geworden, circa doppelt so viele wie im Vorjahr. Die neugegründeten Basisgruppen, die gut besuchten Veranstaltungen auf Landesebene und die zahlreichen Aktionen im letzten halben Jahr sind Ausdruck dieser Entwicklung.

Einbindung neuer Mitglieder

Als bundesweite, offene Struktur bieten wir im Gegensatz zu vielen anderen Gruppierungen den Anlaufpunkt für junge Menschen ohne politische Organisationserfahrungen. Die Einbindung dieser Menschen in unsere Strukturen muss Priorität haben und fester Bestandteil unserer alltäglichen Praxis sein. Bereits Anfang dieses Jahres haben wir verbunden mit dem Neujahrsempfang ein Neumitgliedertreffen durchgeführt, bei dem wir unsere Ideen, unsere Strukturen und unsere Ziele vorgestellt haben. Solchen Treffen wollen wir Kontinuität verleihen und auch darüber hinaus dem Generationenwechsel im laufenden Jahr den Raum geben, den er braucht. Ein breites politisches Bewusstsein zu schaffen ist eine der Kernaufgaben unseres Jugendverbandes. Veranstaltungen wie die Landesvollversammlung oder das anstehende Pfingstcamp sind unserer Meinung nach die richtigen Anlässe, um Menschen zu ermöglichen, in linkspolitische Diskurse und Auseinandersetzungen einzusteigen.

Anstehende Herausforderungen

Regierungsjugend wider willen

Eine der Auseinandersetzungen, die uns durch das vergangene Jahr begleitet haben, war die Frage von rot-rot-grün. Bei den letzten beiden Landesvollversammlungen haben wir uns klar gegen eine Regierungsbeteiligung ausgesprochen und deutlich gemacht, dass wir bezweifeln, dass ein Kurswechsel in den zentralen Fragen der Berliner Landespolitik mit der seit Jahrzenten regierenden SPD und den neoliberalen Grünen möglich ist. In der LINKEN wurde die Frage auch kontrovers diskutiert, eine kritische Haltung konnte sich jedoch nicht durchsetzen. So kam es, dass am 7. Dezember 89,3 % der Parteimitglieder für eine rot-rot-grüne Koalition gestimmt und uns damit zur Regierungsjugend wider Willen gekrönt haben.

Trotz der Überzeugung, dass ein Jugendverband mehr ist, als das Korrektiv der Mutterpartei, wird es in den nächsten Jahren eine unserer zentralen Aufgaben sein, diese Regierung kritisch zu begleiten und wenn nötig im Rahmen unserer Möglichkeiten Druck zu machen. Nicht zuletzt die Causa Andrej Holm zeigt, wie mit dem Wunsch nach radikaler Veränderung und einem wirklichen Politikwechsel innerhalb der drei Parteien umgegangen wird.

Wahljahr 2017 – Was können wir tun?

Eine weitere Schnittstelle, die es dieses Jahr zur Partei geben wird, ist der anstehende Bundestagswahlkampf. Bis September wird es eine gesteigerte mediale Öffentlichkeit und ein

erhöhtes gesellschaftliches Interesse für Politik geben. Dies wollen wir dafür nutzen, junge Menschen auf unsere Inhalte aufmerksam zu machen und sie dafür zu begeistern, bei uns aktiv zu werden. Auf Bundesebene wird bereits eine Jugendwahlkampfkampagne geplant und auf Berliner Landesebene wird es wieder Möglichkeit geben, sich bei konkreten Aktionen einzubringen und mitzubestimmen.

Neben einer prominenten Platzierung unserer eigenen Inhalte wird es außerdem darum gehen, anderen politischen Akteuren den Wahlkampf zu vermiesen. Denn auch Parteien wie die AfD und andere Rechtspopulist*innen werden die nächsten Monate nutzen, um ihre rassistische, sexistische, homofeindliche und chauvinistische Hetze zu verbreiten. Das wollen wir verhindern, was für uns konkret bedeutet, massenhaft aufzuklären, den Wahlkampf vorbereitet und organisiert zu stören und Wahlkampfmaterial zu beschlagnahmen.

Antifaschismus muss praktisch sein

Die letzten Gegenprotste gegen die neonazistische „Merkel muss weg“-Demo haben gezeigt, dass mehr Koordinierung, Mobilisierung und Organisierung notwendig sind. Laut Polizei konnten die Neonazis „fast störungsfrei“ laufen und der antifaschistische Protest konnte gerade einmal 1000 Laute auf die Straße bewegen.[1] Blamabel für Berlins linke Szene, wo es lange Zeit hieß, dass kein Naziaufmarsch ungestört laufen könne. Wir als Jugendverband können hier Verantwortung übernehmen: sich an Bündnissen wie dem „Berliner Bündnis gegen rechts“ beteiligen, uns selber durch Aktionstrainings wichtige Fähigkeiten aneignen und uns bei Aktionen des zivilen Ungehorsam einbringen und unter uns absprechen. Wir dürfen auch die Randbezirke nicht außer Acht lassen. Wenn schon kaum von Kreuzberg nach Mitte mobilisiert werden kann, wie schwierig gestalten sich dann antifaschistische Aktionen in den Randbezirken, beispielsweise am 01.04. in Weissensee?[2] Nehmen wir es selber in die Hand! Berlin darf kein fester Platz für Faschisten und Rassisten werden!

Entern wir die G20

Die Gegenproteste zu dem Treffen der G20-Staaten am 7./8. Juli in Hamburg in diesem Jahr werden der zentrale Platz für die Kritik am Krisenkapitalismus, den negativen Folgen der Globalisierung und der ökologische Zerstörung der Erde sein.

In Zeiten des autoritären Neoliberalismus und des nationalistischen Backlashs treffen sich die Staatschefs der Industriestaaten und einiger Schwellenländer unter dem Namen G20. Die Liste liest sich wie die Internationale der Reaktionären mit Trump, Erdogan und Putin allen voran, inszeniert im netten Gespräch mit der Kanzlerin der Alternativlosigkeit. Eine Legitimität ihres Vertretungsanspruchs besteht nicht. Sie vertreten 10% der Vereinten Nationen, ihre Beschlüsse betreffen allerdings ungefragt uns Alle. Den G20 Staaten geht es nicht um die Lösung der globalen Probleme, sondern einer Aufrechterhaltung des bestehenden kapitalistischen Systems mit den immer gleichen untauglichen alten Rezepten, wie grenzenloses Wirtschaftswachstum ohne Berücksichtigung ökologischer Folgen, unfairer Freihandel oder die Schaffung privater Investitionsmöglichkeiten mit einhergehenden Sozialabbau. Neoliberale Ideenlosigkeit at its best!

Setzen wir dem unseren Protest entgegen! Dass sich die Herrschenden ausgerechnet in Hamburg treffen, scheint aus ihrer Sicherheit, fest im Sattel zu sitzen, hervorgegangen zu sein. Hamburg ist gleichzeitig das Symbol für den globalisierten Kapitalismus. Der Hafen mit der just-in-time Abfertigung gigantischer Containerschiffe ist unerlässlich für Produktionsketten und das Funktionieren des Kapitalismus. Ein Vorschlag zu Güte: neben den klassischen Aktionen einer Blockade des Gipfels, kann für uns auch eben diese Logistik des Kapitalismus[3] auch ein lohnendes Ziel sein.

Wir werden dem Aufruf gegen die G20 mit zehntausenden Aktivist*innen aus ganz Europa und darüber hinaus folgen und unseren Protest artikulieren. Die Aufgaben unseres Jugendverbandes sehen wir vor allem in der Vorbereitung der Aktionen des zivilen Ungehorsams, der Unterstützung der Camp Strukturen und in einer breiten Mobilisierung für das Juliwochenende aus Berlin.

Vision einer anderen Gesellschaft

Die kommenden Herausforderungen sind groß und wir wissen, dass man noch so viele Anträge beschließen kann, doch es letztendlich um ihre Umsetzung gehen wird. Denn Politik ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zur Überwindung einer Gesellschaft schreiender Widersprüche. Unser Ziel ist die Schaffung von breiten Bündnissen zur Veränderung dieser Gesellschaft.

Unsere Rolle dabei ist die Unterstützung und Vermittlung. Als parteinaher Jugendverband nehmen wir eine Scharnierfunktion zwischen dem Parlament und sozialen Bewegungen ein. Gemeinsam wollen wir die Vision einer anderen Gesellschaft entwerfen und dafür kämpfen, uns dieser Schritt für Schritt zu nähern. Ob es der Aufbau unseres Pfingstcamps ist, ein Workshopwochenende zu themen, die euch gerade in der Basisgruppe beschäftigen, eine feministische Soliparty, Sticker gegen Rassist*innen oder ein Kickerturnier im Wahlkampf. Macht mit, entwickelt eigene Ideen und vernetzt Euch untereinander!

 

[1] http://www.taz.de/Protest-gegen-Nazis-in-Berlin/!5386217/

[2] https://nationalismusistkeinealternative.net/kein-raum-der-afd-demo-in-weissensee/

[3] http://lowerclassmag.com/2017/02/von-der-kriegskunst-des-kapitals/

Sozialismus ist bei uns Programm

Beschluss Berliner LVV für einen Positionierungsantrag an den Bundeskongress 2016:

Sozialismus ist bei uns Programm

Die 62 reichsten Menschen besitzen so viel wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Die Börseneinbrüche Anfang des Jahres vernichteten Werte von 2,5 Billionen Dollar, während auf der Welt immer noch Geld fehlt, damit alle Menschen satt sind und Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Das System treibt den Planeten in die soziale und ökologische Katastrophe. Immer mehr Menschen sehen, dass der Kapitalismus nicht funktioniert und sind auf der Suche nach einer Alternative zu diesem System.

Auf öffentlichen Plätzen, im Internet, bei Protesten, in Betrieben, auf Streikversammlungen und manchmal auch im Untergrund werden Ideen und Theorien, Methoden, Schritte und Programme diskutiert. Die Unterstützung und Begeisterung für Politiker*innen, die sich Sozialist*innen nennen, wie dem US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders, zeigen, wie sehr Sozialismus angesichts der Krise und Zerstörung des Kapitalismus auf Interesse stoßen und Menschen begeistern kann. Über eine Millionen Menschen haben für seine Kampagne gespendet. Sozialismus war 2015 das meistgesuchte Wort im us-amerikanischen Online-Wörterbuch Merriam-Webster. Doch was bedeutet eigentlich Sozialismus? Der wirkliche Inhalt davon wurde in Augen vieler Menschen diskreditiert durch den Stalinismus. Die Länder des Ostblocks nannten sich sozialistisch, doch hatten sie trotz der Planwirtschaft wenig damit zu tun. An ihrer Spitze stand eine Bürokratie, die ihre Privilegien verteidigte und Demokratie erstickte. Doch Stalinismus entstand nicht, weil der Mensch zu schlecht ist für den Sozialismus, sondern weil die erfolgreiche sozialistische Revolution in Russland isoliert blieb. Andere politische Konzepte gaben sich den Namen Sozialismus, aber hielten nicht, was sie versprachen. Die in Lateinamerika und in einigen Parteien verbreitete Idee vom „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ ist in eine Sackgasse geraten. Da ihre Protagonisten, wie die Regierung in Venezuela, nicht mit dem Kapitalismus brachen, unterlagen sie letztlich der bürgerlichen Opposition. In anderen Ländern wie Bolivien sind sie Partner der kapitalistischen Elite geworden. In Griechenland wurde 2015 mit SYRIZA eine Partei an die Regierung gewählt, die sich sozialistisch nennt. An der Regierung war sie aber nicht gewillt mit dem Privateigentum der Banken und den kapitalistischen Institutionen der EU bzw. der Troika zu brechen und wurde so zum Handlanger der europäischen Kürzungspolitik. Es gibt in der jetzigen Weltlage keinen Spielraum für eine reformistische Politik.

Um eine gerechte Reichtumsverteilung, ein Stopp von Klima- und Umweltzerstörung und eine friedliche Welt nachhaltig zu erreichen, bedarf es eines Bruchs mit dem Kapitalismus und dem ihn stützenden Staatsapparat, das heißt einer Revolution durch die arbeitende und arme Bevölkerung. Die größten Banken und Konzerne müssten in Gemeineigentum überführt und die Wirtschaft demokratisch von unten nach den Bedürfnissen der Bevölkerung und Umwelt geplant werden. Wenn die Wirtschaft nicht mehr nach den Profitinteressen einiger weniger sondern den Bedürfnissen aller geplant wird, können Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung und Armut in kürzester Zeit beendet werden. Nicht einige wenige, sei es Kapitalisten oder Parteibürokraten sondern die normale Bevölkerung, die Beschäftigten, würden den Einsatz des Reichtums, die Organisation der Gesellschaft und Wirtschaft demokratisch bestimmen. Der Kapitalismus kann in einem Land abgeschafft werden, aber weil die Wirtschaft und dieses System global verbunden sind, kann Sozialismus nur international funktionieren, und wird Ländergrenzen überwinden. Es ist die Aufgabe von sozialistischen Organisationen, Erfahrungen und Ideen zusammen zu fassen, zu konservieren und Gegenwehr zu organisieren. Wir bringen uns ein, in die Diskussionen über eine Alternative zum Kapitalismus. Linksjugend [’solid] steht hier für den Kampf für Sozialismus, für eine sozialistische Demokratie. Wir sind sozialistisch, links und demokratisch.

„Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark“ Rosa Luxemburg