Löschung der Berliner Polizeiaccounts einleiten – Polizeipropaganda beenden

Löschung der Berliner Polizeiaccounts einleiten – Polizeipropaganda beenden

Nicht nur für uns als junge Garde ist das Internet kein Neuland – auch der Repressionsapparat dieses Staates hat mittlerweile entdeckt, dass sich über das Internet respektive die Sozialen Medien wesentlich schneller Meldungen verbreiten lassen und sich über sie öffentliche Debatten prägen lassen. Das gilt nicht zuletzt für die Berliner Bullerei, die sich in den Sozialen Netzwerken Twitter, Facebook und Instagram – um mal diese Metapher zu bemühen – so wohl fühlt, wie ein Schwein in einer tiefen braunen Schlammpfütze.

Kleine Geschichte der polizeilichen Lügenmärchen

Was die Verbreitung von Falschmeldungen mit dem Ziel, sich selbst medial ins bessere Licht und andere ins schlechtere Licht zu setzen, angeht, ist die Berliner Polizei ganz vorne mit dabei.

Aber auch andere Polizeien verbreiten offensichtlich gelogene Meldungen:

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fälle, in denen sich die Polizei fragwürdige Werturteile und Schlussfolgerungen in Sozialen Medien erlaubte.

In anderen Fällen macht sich die Polizei die hohe Reichweite ihrer Social-Media-Accounts zunutze, um sich übergriffig gegenüber Personen aus dem realen Leben zu verhalten.

Dem Missbrauch medialer Macht durch die Polizei entgegentreten

Polizeiaccounts genießen inzwischen hohe Reichweiten in Sozialen Medien. Auf Twitter, einem Microblogging-Portal, das gerade Journalist:innen überdurchschnittlich häufig nutzen, gehört der Berliner Polizei-Account @polizeiberlin mit knapp 500.000 Follower:innen (Stand Januar 2021) zu den reichweitenstärksten Accounts im deutschsprachigen Raum – er hat wesentlich mehr Follower:innen als andere Behördenaccounts wie dem Regierenden Bürgermeister (ca. 31.000) und sogar erheblich mehr Follower:innen als journalistische Accounts wie „Die Zeit“ (knapp 400.000), allerdings etwas weniger als „Der Spiegel“ (2,7 Mio.) oder „Bild“ (1,7 Mio.), spielt aber also in derselben Größenordnung im Mediengeschehen mit.

Schon das bringt aber ein Problem mit sich: Zu recht wird in Bezug auf die Medien von einer „vierten Gewalt“ gesprochen. Im Gegensatz zu den ersten drei Gewalten sind die Medien keine Staatsgewalt, sondern haben die Funktion, öffentlich das Handeln des Staates zu kontrollieren. Indem die Polizei reichweitenstarke Social-Media-Accounts betreibt, konkurriert sie mit den staatsfernen Medien um Leser:innen. Dabei passiert das, was nicht sein darf: Die Grenzen zwischen Staatsmacht und Medien verschwimmt.

Dabei passiert außerdem folgendes: Während bislang zwischen einer Polizeimeldung und, dass ihr Inhalt an die Bevölkerung gelangt, noch der Zwischenschritt lag, dass Pressehäuser auswählten, welche Polizeimeldungen sie verbreiteten bzw. ob und wie sie sie kritisch einbetteten, so kann die Polizei heutzutage direkt „zum Volk“ sprechen: Die Polizei wählt selbst aus, welche Meldungen sie in welcher Form verbreitet. Auch das ist eine Entwicklung, die nicht sein darf.

Neben den oben dargestellten Fällen schamloser Lügerei auf Polizeiaccounts verstehen Polizeibehörden, die im Übrigen selten eine gesetzliche Ermächtigung in Form einer Aufgabennorm für Öffentlichkeitsarbeit auf Social Media haben, immer häufiger als Entertainmentangebot – klar, schließlich geht es ja darum, um Follower:innen zu konkurrieren, und da gehört es einfach dazu, wenn ein:e Gesetzbrüchige:r auch mal öffentlich bloßgestellt wird.

In den dargestellten Fällen schamloser Lügerei können Betroffene häufig eine Richtigstellung erwirken – zu diesem Zeitpunkt ist das Kind jedoch schon in den Brunnen gefallen, und die Richtigstellung findet in der Regel keine auch nur ähnlich hohe Verbreitung wie die Ursprungsmeldung.

Die hohe mediale Macht der Staatsgewalt muss daher effektiv gebrochen werden. Das bedeutet:

Forderung

Wir fordern den Berliner Innensenator Andreas Geisel nachdrücklich dazu auf, die unverzügliche Löschung aller Social-Media-Accounts der Berliner Polizei anzuordnen. Pressemitteilungen sollen die Berliner Polizeibehörden nur noch dann veröffentlichen, wenn sie durch die:den zuständigen Senator:in oder eine:n ihrer:seiner Staatssekretär:innen persönlich genehmigt wurden.

[1] Bert Schulz, Linke lassen Konfetti Konfetti sein, taz v. 4.3.2016, https://taz.de/Polizei-Verdacht-erweist-sich-als-falsch/!5280579/ [5.12.2020].

[2] Madleen Harbach/Helena Piontek, Warum „Friedel 54“ gegen die Berliner Polizei klagt, Tagesspiegel v. 10.2.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-tweet-und-seine-folgen-warum-friedel-54-gegen-die-berliner-polizei-klagt/25527580.html [5.12.2020].

[3] Angebliche Fetisch-Party in Berlin – Veranstalter kritisieren Polizei, Der Spiegel v. 26.10.2020, https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/berlin-angebliche-fetisch-party-veranstalter-kritisieren-polizei-a-c8d0b499-8c10-4f2d-af40-acb348ed0444 [4.1.2021].

[4] Club-Betreiber wehren sich nach Polizei-Post zu Drogenfund, RBB24 v. 30.11.2020, https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2020/11/berlin-mitte-polizei-spaeti-drogen-waffen-melancholie-club.html [4.1.2021].

[5] Matern Boeselager, Wie die Polizei mit fragwürdigen Meldungen das Bild der G20-Demos manipulierte, Vice v. 14.7.2017, https://www.vice.com/de/article/d384kz/wie-die-polizei-mit-fragwurdigen-meldungen-das-bild-der-g20-demos-manipulierte [5.12.2020].

[6] Jeja Klein, Lösch dich aus dem Internet, Polizeipresse!, nd v. 12.12.2020, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145682.pressearbeit-der-polizei-loesch-dich-aus-dem-internet-polizeipresse.html [11.12.2020].

[7] Maximilian König, Leipziger Polizeisprecher mischt sich unter Pseudonym in Gewalt-Debatte ein, Tagesspiegel v. 17.1.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/skandalnacht-von-connewitz-leipziger-polizeisprecher-mischte-sich-unter-pseudonym-in-gewalt-debatte-ein/25444168.html [4.1.2021].

[8] Polizei Hamburg auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/PolizeiHamburg/status/1278247130055036929 [5.12.2020].

[9] @teh_aSak auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/teh_aSak/status/1278329611491913728 [5.12.2020].

[10] Polizei Hamburg auf Twitter am 1.7.2020, https://twitter.com/PolizeiHamburg/status/1278291175846395904 [5.12.2020].

[11] Markus Reuter, Der elektrische Türknauf und die Molotowcocktails: Falschmeldungen der Polizei auf Twitter, netzpolitik.org v. 5.3.2018, https://netzpolitik.org/2018/der-elektrische-tuerknauf-und-die-molotowcocktails-falschmeldungen-der-polizei-auf-twitter/ [5.12.2020].

[12] Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf Twitter am 6.6.2015, https://twitter.com/polizeiOBS/status/607221284410388480 [5.12.2020].

[13] Boeselager a. a. O.

[14] Alexander Fröhlich, Berliner Polizei schaltet Kontaktanzeige über Instagram, Tagesspiegel v. 22.1.2019, https://www.tagesspiegel.de/berlin/soziale-medien-berliner-polizei-schaltet-kontaktanzeige-ueber-instagram/23897808.html [4.1.2021].