Gegen Kleiderordnung an Schulen

Folgenden Antrag wird der Landesverband Berlin beim kommenden Bundeskongress
 einreichen:

 In Frankreich tobt im Moment die Debatte um das seit Anfang September 2023 geltende
 Verbot, die muslimischen Kleidungsstücke Abaya oder Qamis in der Schule zu tragen.
 Eventuell soll sogar eine „neutrale“ Einheitskleidung eingeführt werden. Dieses
 Verbot passt zur  Islamophobie der französischen Politik der letzten Jahre (z.B.
 Burkinis am Strand/in  Schwimmbädern verbieten, ganz abgesehen von
 Migrationspolitik). Kopftuch, Kippa,  Kreuz etc. sind in Schulen eh seit 2004
 verboten.

 Leider hat diese Diskussion auch in  Deutschland Wirkung: Der Bundeselternrat setzt
 sich seit Anfang September 2023 für  eine Kleiderordnung an Schulen ein. Dabei soll
 es vor allem um „unangemessene,  lottrige, zerrissene oder freizügige Kleidung“
 gehen. Schüler*innen sollen bei  Verstößen dagegen nach Hause geschickt werden
 können. 

 Dagegen spricht zuerst  allgemein, dass Schüler*innen sich natürlich auch in ihrer
 Kleidungswahl frei  ausdrücken können sollten. In der Pubertät, einer Zeit mit
 wichtiger Persönlichkeitsentwicklung und in der Kinder und Jugendliche oft
 experimentieren, um einen eigenen Geschmack zu entwickeln, würden solche Vorschriften
 diese Prozesse einschränken.

 Es ist nicht die Aufgabe von Lehrer*innen, zu beurteilen, ob  ein bestimmtes
 Kleidungsstück „lottrig“, „zerrissen“ oder „freizügig“ ist: Das sind  sowieso rein
 subjektive Urteile. Auch an der Wortwahl merkt man schon, dass die  gewünschten
 Kleidungsregeln nicht neutral wären, sondern manche Gruppen härter treffen würden. 
 Wie in Frankreich könnten sie  missbraucht werden, um die Religionsfreiheit
 einzuschränken und z.B. Schleier zu  verbieten: Das ist gezielt antimuslimisch
 rassistisch! Kinder sollten nicht aufgrund  von ihrer Religion an der Schule
 gedemütigt und ausgegrenzt werden.
 Mit „lottrig und  zerrissen“ sind meist Kinder aus armen oder missbräuchlichen
 Haushalten gemeint: Das  ist klassistisch und armutsfeindlich! Schulen haben oft
 genug eine kleidungsbezogene  soziale Hierarchie, ohne dass die Erwachsenen
 mitmachen.
 „Freizügig“ wird meistens nur  auf weiblich gelesene Personen bezogen: Das ist klar
 sexistisch! Wie Kinder und vor  allem Teenager entscheiden, sich anzuziehen, gehört
 nicht sexualisiert oder  moralisiert.
 Eine Kleiderordnung wäre also auf mehreren Ebenen diskriminierend.

 Dieses  Konzept der „Kleiderordnung“ ist ein Produkt des Kapitalismus: Die Schule
 wird in erster  Linie als Vorbereitung auf die Arbeitswelt gesehen, die schließlich
 auch  Kleiderregeln/Uniformen als Mittel zum Ausdruck von Hierarchien nutzt, wobei
 auch am Arbeitsplatz sich verschiedene Diskriminierungsformen bemerkbar machen. Sie
 wird nicht  als Bildungsstätte mit freier Persönlichkeitsentfaltung gesehen. Unser
 Schulsystem muss generell umgebaut werden und Schüler*innen mehr eigenständiges
  Denken zutrauen. Die Mentalität  schafft nicht nur schlechte Lernatmosphäre, sondern
 vermittelt Kindern auch die  Unterordnung unter kapitalistischen Verhältnissen. Statt
 autoritären Maßnahmen wie  Kleiderordnungen sind wir für eine Schule, in der alle
 tragen können, was sie wollen!