Einrichtung einer Gedenkstätte zum Thema Hexenverfolgung durch das Land Berlin

Das Land Berlin soll eine Gedenkstätte zur Frauenverfolgung errichten. Inhaltlicher Schwerpunkt soll dabei die Funktion der Hexenverfolgung sein, Widerstand der Frauen gegen die Aufteilung von Lohn- und Reproduktionsarbeit zu brechen und ihre Körper und ihre Arbeitskraft kapitalistischen Zwecken unterzuordnen.

Außerdem soll gezeigt werden, wie die Hexenverfolgung aktives Mittel des Bürgertums war, um Spaltung in der Arbeiter*innenbewegung herbeizuführen. Der Besuch der Gedenkstätte und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den oben genannten Punkten soll in die Rahmenlehrpläne des Landes Berlin aufgenommen werden.

Hierzu wird sich die linksjugend [’solid] Berlin in einen Dialog mit der Linksfraktion Berlin und der Partei DIE LINKE.Berlin begeben, um ein solches Gedenkprojekt in das Parlament einzubringen, die Finanzierung aus Landesmitteln zu ermöglichen und es entsprechend umzusetzen.

Begründung

Denkt mal kurz über euer Alltagswissen nach, was ihr über den Übergang vom Mittelalter zur Moderne wisst. Zusätzlich dazu denkt mal drüber nach, was das für den Feminismus bedeutet hat.
In der Regel fallen die Ergebnisse von solchen Selbstexperimenten sehr dürftig aus, was auch niemandem vorzuwerfen ist, da dies ein Abschnitt der Weltgeschichte ist, der absichtlich wenig betrachtet wird. Viel mehr noch wird, da die Hintergründe von Hexenverfolgung eigentlich gar nicht beleuchtet werden, Hexenverfolgung eher im dunklen Mittelalter verortet als am Beginn der Aufklärung, unterstützt von heute noch vielzitierten Philosophen wie Thomas Hobbes bspw. Der Übergang von mittelalterlicher Feudalwirtschaft zum modernen Kapitalismus ist von blutigen Auseinandersetzungen geprägt, da in Subsistenzwirtschaft lebende Bauern erst von ihren Äckern vertrieben werden mussten um nichts anderes als ihre Arbeitskraft besitzende Lohnarbeiter zu werden. Zum gewaltsamen Zwang, der die Subistenzarbeiter zu Lohnarbeitern gemacht hat,
kommt auf der anderen Seite der noch viel weniger betrachtete gewaltsame Zwang, der die die Subsistenzarbeiterinnen zur Reproduktionsarbeiterinnen gemacht hat. Dies hat die Hexenverfolgung auf verschiedene Art und Weisen erwirkt. Zunächst einmal wurde der weibliche Körper, im besonderen Gebärende Funktionen, den Bedürfnissen des Staates unterworfen. Ein bedeutender Teil der Anklagen von Hexenverfolgung, besonders der mit „Kräuterkunde“ assoziierten war aufgrund von der Benutzung von Wildkräutern zur Empfängnisverhütung.
Jahrhundertealtes Wissen wurde aufgrund der mit dem Tod bestraften Praxis zerstört. Desweiteren wurde Hebammenpraxis streng dem Staat unterworfen, was bei Zuwiderhandlung auch zu Hexereianklagen führen konnte. Hebammen mussten alle Schwangeren melden genauso wie alle Geburten. Im 17.Jhd kommt zudem dazu, dass es üblich wurde männliche Ärzte bei Geburten hinzuzuziehen. Dies war direkt mit der Praxis verknüpft, das Überleben des Kindes über das Überleben der Mutter zu stellen. Das Reproduktionsregime war nötig um eine möglichst großes Heer von Arbeitern aufzustellen, ein Prozess der sich auch heute noch sehr gut beobachten lässt in Weltregionen, die neu kapitalistisch erschlossen werden. Wie sehr der Staat aber heute noch in Reproduktion eingreift und dort eine gewisse Hoheit verteidigt, kann man sehr gut an den Debatten um die StGB Paragraphen 218 & 219a ablesen. Die Vehemenz, mit der von konservativer Seite ein Verbot der „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche verteidigt wird, zeigt schon auf, welche Staatszwecke dort verborgen sind, die mit keiner Vernunft erklärbar scheinen und nur durch das zugrundeliegende Reproduktionsregime erklärbar sind.
Eine Rückkehr der Hexendarstellung findet man auch während der Pariser Commune in der Figur der „Petroleuses“. Als „Petroleuses“ wurden Mitglieder von Frauenbanden bezeichnet, die sich aktiv am Aufbau der Commune und am Kampf gegen die Staatsgewalt beteiligen. Auffällig ist, dass sie in der künstlerischen Darstellung besonders in der bürgerlichen Kunst als alte, gebeugte Frau mit übergroßer Nase dargestellt wurden. Dies entspricht keinstenfalls dem tatsächlichen Altersschnitt sondern vielmehr Stereotypen einer zu dem Zeitpunkt seit knapp 150 Jahren nicht mehr praktizierten Hexenverfolgung. Dies ist insofern interessant, als dass die Hexenverfolgung und Darstellung schon immer ein Mittel war, um die Arbeiter*innen zu spalten.
Im mittelalterlichen Dorf waren Gemeindeflächen, sogenannte Allmende, zentrale Orte der Gemeinschaft. Sie waren Wiesen mit Obstbäumen o.ä., an denen sich vor allem Frauen und Kinder versammelt haben. Der Widerstand gegen ihre Einzäunung & Privatisierung ging vor allem von Frauen aus, viele die gemeinsam für eine öffentliche Organisation reproduktiver Tätigkeiten
gekämpft haben wurden als Hexen verbrannt. Aber auch Frauen, die sich organisiert haben um schon früh in die Lohnarbeit zu drängen, wurden als Hexen verfolgt. Dadurch, dass sie Konkurrenz durch häufig billigere, da schlechter bezahlte Frauenarbeit vermeiden wollten, und sie von der von Frauen für sie verrichteten Lohnarbeit profitiert haben, waren männliche Proletarier
Gegenspieler von Frauen in der Lohnarbeit, und deshalb auch mit Hexenverfolgungen mindestens soweit einverstanden, dass sie nichts gegen sie unternommen haben. Ein wichtiger Anküpfungspunkt wäre also, herauszustellen, wie Hexenverfolgung ein Mittel von Kapitalinteressen war, die Arbeiter*innenklasse nach seinen Bedürfnissen zu strukturieren und gemeinsamen Kampf von Proletarier*innen zu verhindern.